Eine verpaßte Chance 

Fußgänger und Radfahrer benachteiligt

beim Umbau der „Obi-Kreuzung”


Am 25.5.2023 wurde im Stadtrat endgültig über den Ausbau der sogenannten Obi-Kreuzung entschieden. Es handelt sich im offiziellen Sprachgebrauch um den Knotenpunkt zwischen dem Kurt-Romstöck-Ring und dessen Verlängerung nach Süden, der Staatsstraße 2240, und der Freystädter Straße. Der Umbau dieser Kreuzung ist notwendig, da nordöstlich davon die neue Feuerwache Neumarkt gebaut wird. Der Start dieser Umbauplanung war der 28.06.2018, als im Stadtrat die Errichtung eines Neubaus der Hauptfeuerwache am Kurt-Romstöck-Ring beschlossen wurde.
Die jetzt beschlossene Planung sieht vor, dass zur schnelleren Räumung dieses stark befahrenen Knotenpunktes nach Sperrung wegen eines Feuerwehreinsatz die Anzahl der Fahrspuren in mehreren Richtungen vergrößert wird.
Vom „Obi-Kreisel“ aus Richtung Westen sollen zwei Linksabbiegerspuren in Richtung Kurt-Romstöck-Ring eingerichtet werden. So wurde es im Stadtrat vorgestellt. (Der beschlossene Plan zeigt hier wahrscheinlich versehentlich etwas anderes, roter Kreis).
Abb.1 Entwurf vom Juli 20217
Abb.2: Beschlossener Plan von Mai 20236
Von Norden kommend soll es zwei Linksabbiegerspuren nach Osten in Richtung Freystädter Straße zum oberen Tor hin geben. Das heißt, dass die in Richtung Innenstadt führenden Spuren noch mehr werden. Mehr Straßen führen zu mehr Verkehr! Die Leistungsfähigkeit der Kreuzung soll erhöht werden. Ob das wirklich nötig ist? Noch mehr Verkehr Richtung Innenstadt in Neumarkt. Dabei sieht doch der schon 2013 verabschiedete Gesamtverkehrsplan der Stadt Neumarkt vor, den Kfz Verkehr zu reduzieren1.

Von diesem Wunsch ist hier nichts zu erkennen. Während der motorisierte Verkehr eine noch leistungsfähigere Kreuzung erhält, werden die Furten für die Radfahrer, aber insbesondere auch für die Fußgänger auf ein Minimum reduziert. Weder auf der Südseite der Freystädter Straße, noch auf der Ostseite des Knotenpunktes über die Freystädter Straße sind Fußgängerüberwege vorgesehen. Also eine Halbierung der möglichen Fußgängerquerungen für einen besseren Kraftverkehr. Anders kann man diese Lösung nicht bezeichnen. Fußgänger vom Penny oder Obi zum neuen Edeka an der Dreichlingerstraße müssen einen Umweg in Kauf nehmen.
Für die Radfahrer werden nur auf der Nordseite und Südseite der Freystädter Straße Radfahrstreifen in einer Breite von 2,5 Metern vorgesehen. Die als so großzügig erwähnten 4 Meter breit geplanten Radwege gibt es, soweit ich es aus den Plänen lesen kann, nur zwischen diesem Knotenpunkt und dem Abzweig der Dreichlinger Straße auf der Südseite der Kreuzung. Hier wird der schon vorhandene gemeinsame Fuß-Radweg zum Fahrradweg umgewidmet, aber nur für eine kurze Strecke. Mehr ist es nicht. Und nach etwa 60 Metern ist diese großzügige Radwegplanung schon wieder vorbei, da es dann wie auch zum Obi-Kreisel hin ein gemeinsamer Fuß-Radweg wird.
Abb.3: Planauszug vom 25.5.2023
Für alle, die es genau wissen wollen, schaut ins Literaturverzeichnis Nr. 7; dort steht der Link zum Bürgerinformationssystem Und zwischen der neuen Kreuzung und dem Obi-Kreisel wird der Radverkehr straßenbegleitend etwa 100 Meter auf einem Schutzstreifen geführt, der auch noch in beiden Richtungen von einer über 30 Meter langen Bushaltestelle unterbrochen wird. Kommt der Bus, muss der Radfahrer zwischen den Autos auf die Fahrbahn! Das ist die einfachste und billigste, aber nicht die beste Lösungen für Bushaltestellen an Radverkehrsanlagen2.
Abb.:4 Alternative Lösungen für Bushaltestellen an Radfahrstreifen oder Schutzstreifen
Vor dem dem Obi-Kreisel, jetzt anders als noch in den Plänen vom 7. Juli 2021, hört der Schutzstreifen auf und die Radfahrer werden wieder auf einen gemeinsamen Fuß- Radweg um den Kreisel geführt. Im Plan von 2021 war der Radverkehr mit dem Kraftverkehr in dem Kreisel geführt.

Abb.5: Radwegführung im Plan 2021
Abb.6: Radwegführung im Plan  2023 


Beides keine gute Lösung. Dabei wäre hier Platz genug für attraktive Radwege auch um den Kreisel herum. Und es fehlt die lückenlose rote Einfärbung der Radverkehrsfurten an der Kreuzung, davor und dahinter. Auch wenn das Planungsbüro R+T das nicht für sinnvoll hält, gibt es dazu viele gegenteilige Ansichten. Und überall, wo der Radverkehr besonders gefördert wird, oft aufgrund erfolgreicher Bürgerbegehren oder Volksabstimmungen, werden alle Radverkehrsanlagen eingefärbt3,4. Dazu habe ich auch auf dieser Website schon einen Beitrag geschrieben. Dieses Hervorheben der Radwege und Radfahrstreifen kostet praktisch nichts und zeigt allen deutlich an, wo es für die Radfahrer lang geht. Radfahrer, die von der Johann-Donauer-Straße, Wallensteinstraße oder Adalbert-Stifter-Straße kommend linksabbiegend in die Innenstadt fahren wollen müssen die Freystädter Straße zweimal kreuzen. Für sie fehlt auch die Aufstellfläche an Radfahrerfurt (Pfeil).

Abb.7: Weg für Radfahrer laut aktuellem Plan und Beschilderung auf der Freystädter Straße

Wie moderne Lösungen aussehen, die den Radverkehr ausreichend berücksichtigen, kann man sehr gut in der 2022 erschienen Begleitbroschüre zum Sonderprogramm Stadt und Land „Einladende Radverkehrsnetze“5 nachlesen:

Abb.8: Kreisverkerh mit gleichberechtigem Radverkerh


Die Stadt Neumarkt versagt hier vollständig bei dem Ziel, dem Radverkehr eine attraktive Infrastruktur bereitzustellen. Die Erhöhung der Leistungsfähigkeit für den Kraftverkehr hat weiterhin oberste Priorität.

Und wenn der OB Thumann in der Stadtratssitzung den angeblich so erfolgreichen und gelungenen Umbau der Kreuzung am unteren Tor als Beispiel für gute Lösungen wählt, so ist die Realität doch eine andere. Die Auto- und LKW-Fahrer sind vielleicht zufrieden. Aber ich behaupte nach zahlreichen Beobachtungen an dieser Kreuzung, dass die Radfahrer zu annähernd 50% die vorgesehenen Radfurten nicht nutzen. Für sie ist die Kreuzung nicht gelungen: die Radwege sind zu schmal, enden zum Teil im Kreuzungsbereich und passen nicht zu den Verkehrsströmen der Radfahrer. Das ist jeden Mittag zu sehen, wenn die Schüler von den Gymnasien zum Neuen Markt regelwidrig über die Kreuzung fahren. Es sind einfach keine einladenden Radverkehrsanlagen. Neumarkt hat einen Modalsplit für den Radverkehr von ungefähr 30%. Da ist es an der Zeit, in der Verkehrsplanung auch einmal 30% der Gelder, der Flächen oder des Planungsaufwandes für den Radverkehr einzusetzen.

Die Stadt Neumarkt müsste sich nur an die eignen Absichten und Beschlüsse halten:

„Berücksichtigung aller Verkehrsmittel mit gleicher Priorität kann demzufolge nicht bedeuten, dass der Kfz-Verkehr – der selbstverständlich auch positiv weiter zu entwickeln ist – mit gleicher Intensität gefördert wird wie beispielsweise der Radverkehr. Es geht vielmehr darum, alle Verkehrsmittel auf gleiches Niveau zu heben und ihnen den gleichen Stellenwert im Verkehrsgeschehen einzuräumen, den der Kfz-Verkehr bereits heute innehat.“

und weiter:

„Ein weiteres Ziel ist die Reduzierung der Kfz-Verkehrsbelastung und des Schadstoffausstoßes. Hier gilt es, die Menschen zum Umdenken anzuregen und möglichst viel Kfz-Verkehr auf alternative Verkehrsmittel zu verlagern. Dafür muss ein attraktives Angebot für Fußgänger, Radfahrer und im ÖPNV geschaffen werden.“
(Aus dem Integrierten Gesamtverkehrsplan Neumarkt, beschlossen im Jahr 20131)

Mehr muß man dazu eigentlich nicht sagen.
Literaturverzeichnis:
1 Integrierter Gesamtverkehrsplan der Stadt Neumarkt, 2013
2 ERA, Empfehlungen für Radverkehrsanlagen, Seite 32
3
Flächige Einfärbung von Radwegen – Radentscheid München 2021
4
Arbeitspapier Farbige Beschichtung von Radfahrstreifen, Senatsverwaltung Berlin für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz; 2022
5
Einladende Radverkehrsnetze, Bundesministerium für Digitales und Verkehr, 2022
6
Link zur Stadtratssitzung am 25.5.2023: https://www.neumarkt.sitzung-online.de/public/wicket/resource/org.apache.wicket.Application/doc1073897.pdf
7 Link zur Stadtratssitzung vom 7. Juli 2021: https://www.neumarkt.sitzung-online.de/public/wicket/resource/org.apache.wicket.Application/doc103067.pdf


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