kIrgendwohin die Fahrräder, aber 90 neue Parkplätze

Planung des Umfeldes der neuen Hochschulgebäudes am Residenzplatz, vorgestellt in der Stadtratssitzung am 24.10.2022





Unter Tagesordnungspunkt Ö10 Umfeld Hochschule, Projektfreigabe wurde vom Architekturbüro WGF ( ich glaube Herr Hirschmann hat präsentiert) die Planung für das Umfeld der Technischen Hochschule Standort Neumarkt vorgestellt. Sitzflächen, Bäume und Grünflächen wurden in der Planung ausführlichdargestellt. Die Möglichkeiten der Baumpflanzung und Begrünung sind begrenzt, weil die Hochschule praktisch auf dem Dach der erweiterten Tiefgarage steht. Mit Baumpflanztrögen und Hochbeeten soll die Situation gelöst werden. Das sah alles sehr gut aus und wenn man andere Projekte des Büros anschaut, sind sehr ansprechend Ergebnisse dabei.
Was allerdings gefehlt hat, ist die Planung von Radabstellanlagen an diesem für Neumarkt wichtigen Projekt. Nur im Nebensatz wurde erwähnt, dass irgendwo auch noch Radabstellplätze hinkommen. 18 Anlehnbügel sind im Übersichtspaln eingezeicnet und eigentlich da, wo gerade noch Platz ist. Das sind bei einem geplanten Abstand von 80 oder 90 cm maximal 35 Stellplätze, die noch nicht einmal DIN-gerecht sind2,3. Bereits an zwei wichtigen anderen Stellen in Neumarkt hat man irgendwo, wo gerade noch Platz war, Radabstellanlagen gebaut, die jetzt ungenutzt sind. Ich denke da an die Südseite des Bahnhofs, wo ungenutzte Abstellplätze sind, während an der Nordseite oft über 100 Fahrräder ohne Abstellplatz abgestellt werden. Ich habe an einem normalen Werktag dort einmal 140 Fahrräder gezählt. Auch am neuen Markt stehen an der Dammstraße die Fahrräder einfach auf dem Bürgersteig und die hinten neben dem Schwarzachweg gebauten Abstellanlagen sind praktisch leer.
Woran liegt das?
Fahrradfahrer sind sehr „umwege-empfindlich“, wie jemand geschrieben hat.
Untersuchungen aus Dänemark zeigen, dass Fahrradabstellanlagen in der Nähe des Zielobjektes liegen müssen. Wege von über 80 – 100 Metern werden nur in Ausnahmefällen toleriert ( Böhmer et al.,Radverkehrsanlagen, Forum-Verlag 20227). Und so sollten auch an der neuen Hochschule die Radabstellanlagen in das Konzept der Umfeldplanung frühzeitig integriert werden, damit nachher nicht wieder die Fahrräder außerhalb der Abstellanlagen so abgestellt werden, dass wieder vom „wild parken“ gesprochen wird. Viel Geld (etwa 12 Millionen Euro) und Platz wurde für 90 neue Auto-Stellplätze in der neuen Tiefgarage aufgewendet. Ich zitiere dazu aus dem noch gültigen Integrierten Gesamtverkehrsplan der Stadt Neumarkt aus dem Jahr 20136:



„Bislang war der Stellenwert des Autos als überragender Verkehrsträger in
Neumarkt wenig angefochten. Die Bewegungsräume für Fußgänger, Radfahrer
und den ÖPNV ergaben sich mehr oder weniger nachrangig aus öffentlichen
Flächen, die der Kfz-Verkehr nicht benötigte. Der Stellenwert der
übrigen Verkehrsmittel lag somit deutlich hinter dem des Autos zurück.

Berücksichtigung aller Verkehrsmittel mit gleicher Priorität kann demzufolge
nicht bedeuten, dass der Kfz-Verkehr – der selbstverständlich auch positiv
weiter zu entwickeln ist – mit gleicher Intensität gefördert wird wie beispielsweise
der Radverkehr. Es geht vielmehr darum, alle Verkehrsmittel auf
gleiches Niveau zu heben und ihnen den gleichen Stellenwert im Verkehrsgeschehen
einzuräumen, den der Kfz-Verkehr bereits heute innehat.“

Aus dem integrierten Gesamtverkehrsplan der Stadt Neumarkt 2013


Da wünschen wir Radfahrer uns doch, dass für die Radabstellanlagen ein angemessener Planungsaufwand und finanzieller Aufwand entsprechend der aktuellen Beschlusslage des Stadtrates geleistet wird. Eine Radabstellanlage irgendwo ist nicht die optimale Lösung. Meiner Meinung nach sollten bei geplant 100 Studenten für diese, die Mitarbeiter der Hochschule und die anderen Radfahrer am Residenzplatz wenigstens 100 bis 150 attraktive Abstellplätze geschaffen werden. Geht man von einem empfohlenen Abstand von einem Meter bei einfachen Anlehnbügeln aus, wäre eine Länge von über 100 Metern erforderlich. Bei Hoch/Tief-Aufstellung verkürzt sich die Länge um die Hälfte, beträgt dann aber immer noch über 50 Meter für 100 Fahrräder. So etwas sollte nicht irgendwo aufgebaut werden, sondern ordentlich geplant, umwegfrei und nah zum Eingang des Hochschulgebäudes. Der finanzielle Aufwand für eine Radabstellanlage beträgt sicher nur einen Bruchteil der Aufwendungen für die Tiefgaragenplätze und sollte entsprechend dem gültigen Gesamtverkehrsplan der Stadt Neumarkt auf jeden Fall zu finanzieren sein.


Literatur zum Thema
  1. Hinweise zum Fahrradparken FGSV-Verlag 2012
  2. DIN 79008-1 „Stationäre Fahrradparksysteme – Teil 1: Anforderungen“ sowie
  3. DIN 79008-2 „Stationäre Fahrradparksysteme – Teil 2: Prüfverfahren“
  4. ADFC Empfehlenswerte Fahrrad-Abstellanlagen
  5. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Berlin , Ohne Auto einkaufen – Nahversorgung und Nahmobilität in der Praxis
  6. Gesamtverkehrsplan Neumarkt  - Kurzfassung 2013
  7. Böhmer et al,  Radverkehrsanlagen, Forum-Verlag 2022
2. November 2022

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