Ist Deutschland reif für die Verkehrswende?
Teil 1 Bundespolitik - Straßenverkehrsgesetz und Haushalt 2024
Förderung des Radverkehrs und anderer Teilnehmer des Umweltverbundes ( Fußgänger und öffentlicher Personenverkehr) in Bund, Ländern und Gemeinden
Neuere Entwicklungen in der Politik beeinflussen die Radverkehrspolitik und die Verkehrswende. In der Reihenfolge
BUND-LAND-STADT will ich in drei Beiträgen versuchen zu beschreiben, was das für die Radfahrer im allgemeinen und insbesondere in Neumarkt bedeutet. Der erste Beitrag beschäftigt sich mit der Bundespolitik, wo im November leider das neue Straßenverkehrsgesetz abgelehnt wurde, und mit den Kürzungen der Mittel für ÖPNV, Bahn und Radverkehr.
Zwei Ereignisse haben um den Jahreswechsel 2023/2024 die Verkehrspolitik bestimmt:
- Das vom Bundestag beschlossene Straßenverkehrsgesetz wurde im Bundesrat abgelehnt.
- Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat die Haushaltsplanung des Bundes für 2024 massiv beeinflußt.
Zustimmung und Ablehnung liefen nicht eindeutig entlang der parteipolitischen Grenzen. Leider konnte ich keine Gründe für die Ablehnung/ Nichtzustimmung in Erfahrung bringen, da es im Bundesrat keine Debatte gab und die Länder ihre Nicht-Zustimmung nirgendwo begründen müssen. Soweit man einigen Pressestimmen glauben darf, ging die Initiative für die Ablehnung von der bayrischen Staatsregierung aus. Alternative Lösungen für eine größere Gerechtigkeit zwischen den verschiedenen Akteueren des städtischen Mobilität wurden nicht vorgeschlagen. Es wäre doch nicht zu viel verlangt, wenn die ablehnenden bzw. nicht zustimmenden Landesregierungen sich erklären würden.
Die kurze Debatte im Bundesrat mit zwei Beiträgen von etwa 4 Minuten Erklärt die Ablehnung auch nicht. Etwas weiter führt vielleicht der Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion (Drucksache 20/8899)3. Hier wird von der CDU unter anderem die Vision 0 gefordert wird, dass heißt, den Verkehr möglichst so zu regeln, dass es keine Verkehrstoten mehr gibt. Im Gegensatz zum Regierungsvorschlag werden nur die Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs als Ziele verlangt. Flächendeckende Tempo 30-Zonen sollen verhindert und auch Tempo 30-Anordnungen nicht erleichtert werden.
Von der Zustimmung zum neuen StVG war auch die Abstimmung über die neue Straßenverkehrsordnung abhängig, die daher sofort von der Tagesordnung genommen wurde.
Viele Aktivisten und Verbände haben sich von der Novelle des StVG eine Veränderung der Verkehrspolitik zugunsten einer klimafreundlicheren Verkehrs- und Straßenplanung versprochen. Noch auf der Fahrradkommunalkonferenz in Regensburg am 22. und 23. November 2023, bei der sich viele Verkehrsplaner, Radfahrbeauftragte, Kommunalpolitiker und andere Mitarbeiter aus Stadtplanungs- und Tiefbauämtern getroffen und ausgetauscht haben, konnte sich kaum einer das Scheitern der StVG-Novelle vorstellen, nachdem das Gesetz ausführlich in der Verkehrsministerkonferenz besprochen und empfohlen worden war.
- die Straßenverkehrs-Ordnung,
- die Fahrerlaubnis-Verordnung und
- die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung.
- Klima- und Umweltschutz
- Gesundheitsschutz
- städtebauliche Aspekte
- Einrichtung von Sonderfahrstreifen und bevorrechtigter Lichtzeichenregelung für Linienbusse
- Einrichtung von Sonderfahrstreifen für verkehrssichernde und verkehrsregelnde Maßnahmen
- Parkraummanagement
- Erweiterung der Anordnungsmöglichkeiten für Tempo 30
- Bereitstellen angemessener Flächen für den Fuß- und Radverkehr
- Antragsrecht der Gemeinde für verkehrswirksame Anordnungen nach dem neuen StVG und der neuen StVO
(1) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, soweit es zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen erforderlich ist, Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates über Folgendes zu erlassen:
1.- 14. ……….
15.
die Beschränkung des Straßenverkehrs einschließlich des ruhenden Verkehrs
a)
zugunsten schwerbehinderter Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, mit beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie zugunsten blinder Menschen,
b)
zugunsten der Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel,
c)
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe oder zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen,
16.
die Einrichtung von Sonderfahrspuren für Linienomnibusse und Taxen,
§ 6 Absatz (2) und (3) bleiben unverändert
(1) Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr wird ermächtigt, soweit es zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen erforderlich ist, Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates über Folgendes zu erlassen:
1. - 14. ……….
15.
die Beschränkung des Straßenverkehrs einschließlich des ruhenden Verkehrs
a)
zugunsten schwerbehinderter Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, mit beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie zugunsten blinder Menschen,
b)
zugunsten der Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel,der nachweislich besteht oder auf Grund konkretisierter städtebaulichverkehrsplanerischer Erwägungen zu erwarten ist,
c)
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe oder zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen,
16.
die Einrichtung von Sonderfahrspuren für Linienomnibusse und Taxen, sowie zur Erprobung neuer Mobilitätsformen oder der Verringerung der Anzahl von Fahrten
§ 6 Absatz (2) und (3) bleiben unverändert
(4a) Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, 8, 15 Buchstabe b oder c, Nummer 16 oder 18 können auch erlassen werden zur Verbesserung des Schutzes der Umwelt, darunter des Klimaschutzes, zum Schutz der Gesundheit oder zur Unterstützung der städtebaulichen Entwicklung, soweit sie nicht bereits nach Absatz 4 erlassen werden können. Diese Rechtsverordnungen sollen insbesondere vorsehen, dass Gemeinden bei den nach Landesrecht für die Ausführung der Rechtsverordnungen bestimmten Behörden den Erlass von Anordnungen zur Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, zur Verbesserung des Schutzes der Umwelt, zum Schutz der Gesundheit oder zur Unterstützung der städtebaulichen Entwicklung beantragen können. Die nach Satz 1 erlassenen Rechtsverordnungen und auf ihnen beruhenden Anordnungen müssen neben der Verbesserung des Schutzes der Umwelt, des Schutzes der Gesundheit oder der Unterstützung der städtebaulichen Entwicklung die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs berücksichtigen.“
angeschlossen haben mit farbiger Darstellung der Parteizugehörigkeit der Bürgermeister und Landräte7
„Auch für den Ausbau der Schiene, der Bahnhöfe, des ÖPNV und des Radverkehrs wird in Zukunft insgesamt eine dreistellige Millionensumme weniger zur Verfügung stehen.“ schreibt der NDR11. Auch anderer Pressemeldungen zeigen die drastische Kürzung der Mittel für umweltfreundliche Verkehrsmittel.
„Zukunft Fahrrad” hat das zusammengestellt (Abb.4)12:
Nur noch schon ausgewählte Projekte werden umgesetzt. Neue Projekte können sich nicht mehr bewerben. Das Programm wird vollständig eingestellt. Ähnliches gilt für die Förderung von Radschnellwegen.
- https://www.bundesrat.de/DE/plenum/abstimmung/abstimmung-node.html
- https://www.bundesrat.de/DE/service/mediathek/mediathek-node.html?cms_id=0_5ngsv3at
- Entschließungsantrag der CDU/CSU QUELLE
- Drucksache StVG Gesetz im Bundestag QUELLE
- Initiative lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten
- https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/kommunen-fuer-tempo-30/
- https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/kommunen-fuer-tempo-30/
- Warum die Reform im Straßenverkehr vor dem Aus steht; FAZ 18.12.2023
- Gerichtsurteile: VG Potsdamm,Urteil vom 30.06.2011 - 10 K 2271/06 - - VGH München (Urteil vom 12.04.2016 - 11 B 15.2180) - - Verwaltungsgerichtshof München (Beschluss vom 29.01.2021 - 11 ZB 20.1020) - - VG München, Urteil vom 29.03.2022 - M 23 K 21.6378; M 23 S 21.6381 - - VG-Düsseldorf Urt. v. 14.6.2021 – 6 K 8870/19
- Urteil Bundesverfassungsgericht QUELLE
- NDR Beitrag: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Haushalt-2024- Bund-kuerzt-Zuschuesse-fuer-Laender-in-Millionenhoehe,haushalt938.html
- https://zukunft-fahrrad.org/haushaltsbeschluss2024/
- Fahrradland Deutschland 2030; Nationaler Radverkehrsplan 3.0, 2021
- https://www.tagesschau.de/wirtschaft/bahn-stoppt-neubau-haushaltskrise-100.html