Vorfahrt für die Radfahrer ?!

Der Teufel steckt im Detail -  
Radwegquerungen an übergeordneten Straßen am Beispiel Reichertshofen

In der zweiten Septemberwoche erschien ein Artikel in den lokalen Nachrichten über einen Dissens zwischen dem Landratsamt (LRA) und der Gemeinde Sengenthal. Es ging um die neu gestalteten Einmündungen der Ortsstraßen in die an Reichertshofen vorbeiführende Landstraße NM18.Das Landratsamt hatte vom der Gemeinde Sengenthal verlangt, die Einmündung der Brunnenstraße in die Landstraße wieder zu ändern, nachdem hier zusätzlich zu der bisherigen Vorfahrtsregelung mit Vorrang der Radfahrer auf der Landstraße die Radfahrfurt rot markiert worden war. Zusätzlich war ein Verkehrszeichen 205 Vorfahrt achten auf der Straße angebracht worden.
Abb.1:
Laut Zeitungsbericht hat das LRA verlangt, den Radfahrern den Vorrang an dieser Einmündung zu nehmen. Das hat der Gemeinderat abgelehnt. Und das ist richtig so!Schauen wir in die aktuell gültigen Regelwerke, in diesem Fall die Eräuterungen zu §9 der Straßenverkehrsordnung (StVO) in der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) an, gibt es für die Vorfahrtsregelung für Radwege, die an Einmündungen untergeordnete Straßen überqueren eindeutige Regelungen, die nicht auslegungsfähig sind. Entscheidend für die Vorfahrtsregelung ist, ob der Radweg nah an der Fahrbahn der Hauptstraße verläuft oder von dieser mehr als 5m entfernt die Seitenstraße überquert.


Die zu §9 Absatz 2 der StVO gültigen Präzisierungen der VwV-StVO lauten:

4 II. Im Fall von Radverkehrsanlagen im Zuge von Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) und an Kreuzungen oder Einmündungen mit vorfahrtgebendem Zeichen 301 sind Radwegefurten stets zu markieren. Sie dürfen nicht markiert werden an Kreuzungen und Einmündungen mit Vorfahrtregelung „Rechts vor Links", an erheblich (mehr als ca. 5 m) abgesetzten Radwegen im Zuge von Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) oder an Kreuzungen oder Einmündungen mit vorfahrtgebendem Zeichen 301 sowie dort nicht, wo dem Radverkehr durch Zeichen 205 eine Wartepflicht auferlegt wird. Die Sätze 1 und 2 kommen inhaltlich auch zur Anwendung, wenn im Zuge einer Vorfahrtstraße oder einer Straße mit vorfahrtgebendem Zeichen 301 ein Gehweg zur Benutzung durch den Radverkehr freigegeben.

Damit ist doch alles gesagt:



Bei weniger als 5 Meter Abstand
zwischen der Fahrbahn der vorfahrtsberechtigten Straße und dem Radweg wie auf Bildern 1 und 2 zu sehen, gilt folgendes:
  • Es ist eine Radwegfurt zu markieren mit unterbrochenem Breitstrich entsprechend und möglichst auch einer Roteinfärbung.
  • Der Radverkehr ist an der Einmündung vorfahrtsberechtigt.
  • An der untergeordneten, einmündenden Straße ist das Verkehrszeichen (Vz) 205 Vorfahrt gewähren vor dem Radweg aufzustellen und das Zusatzschild Vz 1000-32 Radfahrer kreuzen von links und rechts über dem VZ 205 anzubringen (Abb.3)
  • Zusätzlich können Fahrradpiktogramme auf der Radwegfurt angebracht werden, um den Vorrang der Radfahrer noch deutlicher zu machen.

1000-32
Abb.3: Hier steht am Münchener Ring in Neumarkt die richtige Kombination aus dem Verkehrszeichen 205 Vorfahrt gewähren mit dem darübergestzten VZ 1000-32 Radfahrer kreuzen von rechtws und links. Allerdings ist das Zeichen hier fehl am Platz, da es keinen Radweg mehr gibt!


Bei mehr als 5 Meter Abstand
zwischen der Hauptstraßenfahrbahn und dem Radweg gilt:
  • Der Radfahrer ist nicht vorrangberechtigt und
  • Es wird keine Radwegfurt markiert, weder mit unterbrochenen Breitstrichen, noch durch Einfärbung.
  • Das VZ 205 Vorfahrt gewähren wird am Radweg aufgestellt. 

Der große Abstand zwischen dem Radweg und der Fahrbahn der übergeordneten Straße macht  es möglich, dass ein wartepflichtiges Fahrzeug zwischen Hauptstraße und Radweg steht, ohne die Radfahrer zu behindern. 
Leider hat die Gemeinde Sengenthal diese richtige Regelung an der Brunnenstraße nicht weiter verfolgt. An der Einmündung des Keltenrings in die Staatsstraße ist zwar die Radwegfurt neu markiert worden, aber für die Radfahrer sind die Schilder VZ 205 Vorfahrt gewähren geblieben. 
Abb.4: Die Einmündung des Keltenrings in die NM 14 vorher
Abb.5: Die Einmündung des Keltenrings in die NM 14 mit neuer Furtmarklierung, aber falscher Vorfahrtsregelung
Auf den Bildern ist klar  ersichtlich, dass der Abstand zwischen Radweg und Fahrbahn unter fünf Metern beträgt und somit den RadfahrernVorrang zu gewähren ist. War das Absicht, Unwissenheit oder Nachlässigkeit? Auf jeden Fall widerspricht diese Beschilderung der StVO und VwV-StVO.
Es ist schon erstaunlich, dass das Landratsamt von einer Gemeinde verlangt, beim Straßenbau oder Straßenausgestaltung gegen geltende Regelwerke zu verstoßen. Dafür gibt es keine gute Erklärung. Entweder man kennt auch hier die Regeln nicht oder hält diese nicht für wichtig. Beides wirft kein gutes Licht auf die Straßenverkehrsbehörde. Wie soll man von den Verkehrsteilnehmern Regeltreue erwarten, wenn man sich selbst nicht an die Regeln hält. 
Aber auch in Neumarkt nimmt man es mit den Regeln der StVO und VwV-StVO nicht so genau. Als Beispiel sei hier die Radwegfurt an der Altdorfer Straße genannt und gezeigt (Abb.6)
Abb.6: Einmündung der Prälat-Triller Sttraße in die Altdorfer Straße. 
Hier gibt es trotz Vorrang für Radfahrer keine Furtmarkierung, weder durch unterbrochenen Breitstrich, geschweige denn durch Einfärbung. 
Wenn jemand noch andere solche Stellen kennt, die unklar oder falsch ausgeschildert sind, nehme ich die gerne in meine Sammlung auf.

1.Oktober.2025
Für kritische Anmerkungen, Hinweise auf den Fehlerteufel und Themenvorschläge schreibt bitte eine Email: ludwig.kleine@radfahren-in-neumarkt.de

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