Wieso hört hier der Radweg auf?
Wieso hört hier der Radweg auf?
Die Führung des Radverkehrs an Knotenpunkten
Schon Jan Böhmermann fragte: Wieso hört hier der Radweg auf?1
Nicht einfacher ist es an den im Fachjargon Knotenpunkte genannten Kreuzungen. Es gibt viele Möglichkeiten für Fußgänger, Radfahrer und Autos Kreuzungen zu überqueren oder dort auf die eine oder andere Weise die Richtung zu wechseln. Zeichnet man alle Möglichkeiten als Linien ein, ergibt sich schon an einer mittelgroßen Kreuzung ein Bild, das dem berühmten Gordischen Knoten ähnelt, den schon Alexander der Große der Sage nach nur mit einem Schwerthieb lösen konnte.
Für Fußgänger gibt es einfach den Bürgersteig und den Fußgängerüberweg.
Die Autos fahren auf der Fahrbahn.
Kompliziert wird es bei den Radfahrern. Die sollen
- mal mit den Autos auf der Fahrbahn,
- mal neben den Autos rechts auf der Fahrbahn,
- mal neben der Fahrbahn im Seitenraum auf dem Radweg,
- mal neben der Fahrbahn auf dem Bürgersteig zusammen mit den Fußgängern und sogar
- mal auf der linken Straßenseite auf dem Radweg oder dem Bürgersteig fahren.
- der Straßenverkehrsordnung ( StVO),
- der Verwaltungsverordnung zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO3),
- der Richtlinie zur Anlage von Stadtstraßen RASt und
- den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA)
Grundsätzlich gilt: Der Radverkehr gehört auf die Fahrbahn!
Und was sagen die Regelwerke dazu? Zuallererst müssen die Radverkehrsanlagen für die Radfahrer geeignet sein. Standard- und Mindestbreiten sind festgelegt. Die Regelungen sollen auch verständlich sein. Hierzu einiger Zitate aus den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA)5, Seite 37 :
- Überquerung von mehr als zwei Fahrstreifen des Kraftfahrzeugverkehrs zum Linkseinordnen des Radverkehrs.
- Durchgehende Fahrstreifen, die unmittelbar in Rechtsabbiegestreifen übergehen und den Radverkehr zum ungesicherten Wechsel auf den links angrenzenden Fahrstreifen zwingen.
- Radverkehrsanlagen im engeren Knotenpunktbereich enden lassen.“
Niemand käme auf die Idee, wenn es eng wird die Autofahrer auf den Gehweg zu schicken oder Fußgänger auf die Fahrbahn. Für Radfahrer ist das normal. Schnell ist die Verbannung auf den Gehweg oder gar auf die linke Straßenseite angeordnet. Und die Autos haben freie Fahrt. Diese für Radfahrer ungünstigen Regelungen sind Folge der Beliebigkeit der Radverkehrsführung und der Grund für zahlreiche Regelverstöße von anordnenenden Behörden und Radfahrern. Das Zusatzschild 1022-10 „Radfahrer frei“ ist Ausdruck dieser Beliebigkeit.
- allen Anforderungen der Regelwerke genügen, am besten nicht nur den Mindestanforderungen,
- geeignet sein, Radfahrer aller Altersgruppen sicher zu führen (Schlagwort Radfahren von 8 – 80 Jahre),
- die Radfahrer nicht zu sehr benachteiligen (Umwege, Wartezeiten, Schrittgeschwindigkeit auf gemeinsamen Fuß- und Radwegen)
- objektiv und subjektiv sicher sein.
Nur dann werden die Radverkehrsanlagen auch genutzt.
Steht aber der ungehindert ruhende und fahrende motorisierte Individualverkehr im Zentrum der Verkehrsplanung, wird das nicht gelingen. Die Klagen über die Falschfahrer unter den Radfahrern werden dann nicht verstummen. Wie soll es auch verstanden werden, wenn an einer Stelle ein gemeinsamer Fuß-Radweg angeordnet wird, und dann einige Meter weiter das Radfahren auf dem Bürgersteig als Falschfahren oder Geisterradeln verdammt wird?
Dass innerstädtisch eine Radführung auf der linken Straßenseite angeordnet oder angeboten wird, lehne ich prinzipiell ab. Das ist nämlich der für Radfahrer gefährlichste Weg von allen. Und die linksseitige Führung gibt es praktisch nur mit den Fußgängern gemeinsam. Das erlaubt mir nicht, zügig zu fahren. Also nicht schnell, nicht sicher und nicht bequem.
Und in Neumarkt kann man sich viele solcher Konfliktpunkte anschauen:
Knotenpunket müssen[...] begreifbar und [...] übersichltich sein
Radverkehrsanlagen, die im engeren Knotenpunktbereich enden, sind zu vermeiden
Knotenpunkte müssen aus allen Knotenpunktzufahrten ... begreifbar, übersichtlich sowie gut und sicher befahrbar bzw. begehbar sein.
Der beste Radfahrstreifen oder Radweg kann nicht gut sein, wenn Anfang und Ende schlecht ausgeführt sind.
- Jan Böhmermann : https://www.youtube.com/watch?v=nqF9chK05YM&ab_channel=ZDFMAGAZINROYALE
- StVO Straßenverkehrsordnung 2019
- Verwaltungsverordnung zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO)
- Richtlinie zur Anlage von Stadtstraßen RASt, FGSV Verlag 2006
- ERA Empfehlunge für Radverkerhsanlagen FGSV Verlag 2010
- H EBRA Hinweise für die einheitliche Bewertung von Radverkehrsanlagen FGSV Verlag 2021