Keine Klimaverbesserung für Radfahrer






Die Ergebnisse des Fahrradklimatests 2024 sind jetzt öffentlich. In Neumarkt haben genügend (über 50) Teilnehmer zwischen September und November 2024 die vielen Fragen beantwortet, so dass das Ergebnis mit veröffentlicht werden konnte. Das Ergebnis für Neumarkt ist noch schlechter als in den Vorjahren. Mich wundert es nicht, dass sich die Zufriedenheit der Radfahrer in Neumarkt nicht gebessert hat. Im Vergleich mit ähnlich großen Kommunen ist Neumarkt gerade noch im unteren Drittel gelandet.

Wer die Ergebnisse der Befragung genau anschauen will, findet das auf der Website des ADFC Bundesverbandes. Zwei Dateien sind dort am besten über die Ergebniskarte abrufbar. Zum einen das Ergebnis der Kommunalbefragung, bei der erstmals die Kommunen zu ihren Aktivitäten zugunsten des Radverkehrs gefragt wurden. Zum anderen konnte sich jeder an der ADFC Umfrage zum Fahrradklima beteiligen. Die Antworten wurde ortsspezifisch ausgewertet.

Ergebnis der Kommunalbefragung

Neumarkt „prahlt“ hier mit einem Radverkehrsanteil (Modal-Split) von über 30 % insgesamt und 40% im Binnenverkehr. Diese Zahlen aus dem Jahr 2022 seien aufgrund einer AGFK-konformen Befragung entstanden. Ich habe erhebliche Zweifel, ob diese Zahlen so stimmen oder der Erhebungsmodus allgemeinen Standards entspricht. Die Einzelheiten zu der Art der Befragung hat die Stadtverwaltung geheim gehalten. Selbst weltberühmte fahrradfreundliche Kommunen wie Utrecht oder Kopenhagen haben einen Modal-Split von 27% bzw. 35%. In dieser Liga soll Neumarkt mitspielen oder gar noch besser sein? Liest man die Liste der Aktivitäten durch, mit denen in Neumarkt der Radverkehr gefördert wird, ist vieles zusammengetragen. Herausragende Projekte der Radverkehrsförderung 2023 und 2024 seien die Bike and Ride Offensive am Bahnhof, die Lastenradförderung und das Radbügelkonzept in der Neumarkter Altstadt. Leider ist davon bisher nur die Lastenradförderung verwirklicht. Die anderen Projekte lassen auf sich warten.
Angaben aus der Neumarkter Kommunalbefragung Seite 1
Die Stadt weist auch darauf hin, dass es eine Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer geben soll, wie es schon 2013 beschlossen wurde:

Angaben aus der Neumarkter Kommunalbefragung Seite 2

Aktuelle Verkehrsplanungen benachteiligen aber weiterhin den Fuß- und Radverkehr. Als Beispiel sei der Umbau der Obi-Kreuzung genannt, wo es mehr Fläche und Spuren für den MIV gibt und weniger Furten und mehr Umwege für alle andern. Gleiches gilt für den geplanten Umbau des Bahnübergangs an der Ingolstädter Straße.
Die vom Stadtrat beschlossene Förderung des Radverkehrs und die schon 2013 beschlossene Gleichberechtigung des Radverkehrs in der kommunalen Verkehrsplanung sind beim Straßenbau noch nicht angekommen. Hier dominiert weiter der motorisierte Verkehr sowohl bei der Aufteilung der Verkehrsflächen wie der Bereitstellung von Abstellplätzen und Finanzmitteln. Und entgegen den Angaben in der Komunalbefragung gibt es im Haushalt der Stadt Neumarkt auch keinen eigenen Titel für den Radverkehr.

Das Radverkehrskonzept, das Neumarkt als AGFK Kommune schon lange (seit 2012) haben sollte, ist immer noch in Arbeit und verspricht nach aktuellem Stand keine Verbesserung.
Was die Stadt Neumarkt 2023 und 2024 unternommen hat, ist unter den Rubriken Infrastruktur, Marketing und Informationsmaßnahmen und Organisatorische Maßnahme aufgelistet. Da darf sich jeder gerne selbst ein Bild machen und darüber nachdenken, was da so gemeint ist:
Liste der Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs laut Kommunalfragebogen
Als Zeichen der erfolgreichen fahrradfreundlichen Infrastruktur werden immer wieder die Lammsbräukreuzung und die Kreuzung am unteren Tor genannt, obwohl hier die Radverkehrsanlagen viel zu schmal und so stressbehaftet sind, dass über 50% der Radfahrer lieber verbotenerweise auf dem Gehsteig fahren. Radfahrstreifen in Mindestbreite, aber keine Radwege sieht das Gesamtverkehrskonzept der Sstadt Neumarkt als Minimallösung vor! Fahrradfreundlichkeit sieht anders aus. 


   Ich meine, die Radverkehrsförderung in Neumarkt kommt nicht voran, weil zum Beispiel

   - in den letzten 10 Jahren keine neuen Radwege  gebaut wurden,

   - richtlinienwidrig Fuß-Radwege auch innerorts sogar als Zweirichtungs- Fuß- und   Radwege ausgeschildert werden, obwohl diese Wege viel zu schmal sind,

    - keine gesicherten Furten (Straßenquerungen) am Ende oder Beginn von Radwegen und eine große Zahl regelwidriger oder widersprüchlicher Beschilderungen existieren,

   - bei Straßensanierungen keine Radwege neu geschaffenen  wurden,

    - und Radfahrstreifen bisher fast nur in Mindestbreite gebaut wurden.




Die Projekte zur Radverkehrsförderung wie die Neugestaltung der Marktstraßen (ein Projekt aus dem Jahr 2012), der Umbau der Kreuzung am oberen Tor (schon vor 10 Jahren im Stadtrat diskutiert) oder der Radwege-Altstadtring aus dem Intergrierten Gesamtverkehrsplan 2013 lassen immer noch Jahre auf sich warten.

Ergebnis der Bürgerbefragung

Unter dem Motto “Und wie ist Radfahren bei Dir vor Ort?” war jeder aufgerufen, über das Radfahren in seiner Gemeinde zu berichten. Gibt es mehr als 50 ausgefüllte Fragebogen, kommt die Gemeinde in die Wertung.
Bei dem, was ich einmal die weichen Kriterien nennen möchte, hat Neumarkt -  wie viele Gemeinden - recht gut abgeschnitten. Die besten Noten gibt es bei den Fragen:
  „Bei uns fahren alle Fahrrad, ob alt oder jung“ versus „bei uns fahren nur bestimmte Gruppen“ und 
 „Bei uns ist die Ortsmitte gut mit dem Fahrrad zu erreichen“ versus „bei uns ist die Ortsmitte schlecht mit dem Fahrrad zu erreichen“.

Bei den harten Kriterien wie Qualität der Radwege (Breite, Belag, Fahren im Mischverkehr auf der Fahrbahn und fahrradfreundliche Ampelschaltungen) waren die Ergebnisse durchweg zwischen 4 und 5. Mangelhafte Noten gab es bei der Führung an Baustellen, der Falschparkerkontrolle auf Radwegen und wegen des fehlenden öffentlichen Fahrradverleihs. Ein kommunaler Fahrradverleih ist für das Alltagsradeln allerdings nicht so wichtig. Das würde nur Geld kosten und keine besseren Radwege schaffen.
Pressestimmen zum Fahrradklimatest (Mittelbayerische Zeitung, Neumarkter Nachrichten, FAZ und andere)
Alle Details finden sich in der Auswertung des ADFC. Im Vergleich zu den früheren Ergebnissen hat sich das Fahrradklima in Neumarkt noch verschlechtert. Wir brauchen einen „Fahrradklimawandel“ mit dem ehrlichen Willen, die Mobilität in unserer Stadt umweltfreundlich zu gestalten und den motorisierten Verkehr zurückzudrängen. Das wurde schon 2013 im Gesamtverkehrskonzept der Stadt Neumarkt beschlossen. Leider gibt es immer noch viel Lob für breitere Straßen und Fördergelder dazu. Der bayrische Finanzminister hat sich laut Zeitungsartikel vom 21. Juni 2025 (Neumarkter Nachrichten, Seite 41) gefreut, dass er 3,17 Mill. Euro zum autofreundlichen und fußgänger- und fahrradunfreundlichen Ausbau der Obi-Kreuzung beisteuern konnte. Verkehrswende sieht anders aus.Die UPW hat jetzt offensichtlich ein Herz für Radfahrer entdeckt und will das Kopfsteinpflaster der Marktstraßen fahrradfreundlicher sanieren. Das hätte man mit dem ehemaligen Oberbürgermeister schon lange machen können. Warten wir mal ab, ob die für AGFK*-zertifizierte fahrradfreundliche Kommunen schon seit 2012 geltenden Bedingungen u.a. mit dem bei uns immer noch fehlenden Radverkehrskonzept irgendwann erfüllt werden.
Neumarkt, 29. Juni 2025
* AGFK = Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen Bayern
Quelle: Fahrradklimatest des ADFC 2024



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